Der Ursprung des akademischen Fechtens liegt im Mittelalter, zur Zeit der Gründungen der ersten Universitäten. Studenten aus Deutschland hatten also für mehr als 200 Jahre im heutigen Sinne Weltreisen zu unternehmen, um zu ihren Universitäten bzw. in ihre Heimat zu gelangen. Führt man sich die damaligen Verhältnisse vor Augen, wird schnell die Notwendigkeit deutlich, sich gegenüber den drohenden Gefahren notfalls auch mit Waffengewalt zu schützen. Das bis dahin allein dem Adel zustehende Recht, Waffen zu tragen, wurde auf diese Weise auch den Studenten zugestanden, die Studenten also in gewisser Weise "geadelt". Dieses Waffenprivileg wurde bald auch an die neu gegründeten deutschen Universitäten mitgebracht und im Jahre 1514 von Kaiser Maximilian in Wien offiziell bestätigt.
In der Folgezeit blühte ein teilweise äußerst wüstes Studentenleben auf, das von seinem Recht regen Gebrauch machte. Ausgeprägtes, teilweise hochnäsiges Standesbewusstsein und unverhohlene Streit- und Rauflust führten dazu, dass die Studenten schnell zu Degen oder Rapier griffen. In Ermangelung eines entsprechenden Regelwerkes (Comment) führte diese Konstellation bald zu manchem Todesopfer.
In den 40er Jahren des 19. Jh. verzweigte sich die Entwicklung des Fechtens in das Duell einerseits und die Mensur andererseits. Die (verbotenen) Duelle wurden zwar für unverzichtbar gehalten,
sie folgten aber allgemein akzeptierten Regeln. Nachdem alle pflichtschlagenden Verbände studentischer Korporationen spätestens seit Ende des 2. Weltkrieges die individuelle Ehre als einer Verletzung für unzugänglich erklärt haben, wird heutzutage in pflichtschlagenden Bünden als Bestimmpartien ausschließlich die Mensur, nicht aber das Duell praktiziert.
Die Mensur dagegen entwickelte sich zu einer Art ritterlichen Kampfspiels. Die Schlägerpartie dient seitdem nicht mehr dem Ausgleich von Streitigkeiten. Die Partien werden von den Fechtwarten ausgehandelt (»bestimmt«), die dafür sorgen, dass möglichst gleichwertige Fechter (nach Statur, technischem Können und Erfahrung) einander gegenüberstehen. Dies geschieht in der Regel zwischen den Verbindungen im "Jenenser Waffenring", der momentan sechs Mitgliedsbünde zählt. Mensuren werden niemals zwischen den Mitgliedern der selben Verbindung geschlagen.
"Pflichtschlagend" bedeutet in unserem Fall übrigens, dass jedes unserer Mitglieder zumindest eine Partie absolvieren muss, weitere Partien können auf freiwilliger Basis geschlagen werden. Natürlich geht jeder dieser Partien eine ausgedehnte Vorbereitungszeit voraus, in der die nötigen defensiven wie offensiven Techniken erlernt werden.
Heutzutage pflegen wir die Tradition des Fechtens, weil wir davon überzeugt sind, dass auf diese Weise Zusammenhalt und Gemeinsinn in der überzeugendsten Form zu dokumentieren sind. Während der Körper durch Halsbinde, Paukweste, Kettenhemd, Stulp (Armschutz) und Paukbrille geschützt ist, besteht das Risiko einer Mensur immer darin, eine Schnittverletzung am Kopf davonzutragen. Dem Studenten stehen diese negativen Konsequenzen deutlich vor Augen, wenn er in Erwägung zieht, Mitglied eines solchen, pflichtschlagenden Bundes zu werden.
Daraus resultiert zum einen, dass ihm seine eigene physische und psychische Leistungsfähigkeit unmittelbar und drastisch vor Augen geführt wird und er für sich persönlich lernt, auch in solchen Grenzsituationen zu bestehen und einen kühlen Kopf zu bewahren.
Zum anderen resultiert daraus, dass der sich trotz aus der Mensur eventuell ergebender negativer Konsequenzen in eine solche Verbindung eintretende Student bewusst für die Inkaufnahme dieses Risikos entscheidet. Damit dokumentiert er insbesondere im Rahmen der Mensur, zu jeder Zeit und unter allen Umständen, für seine Gemeinschaft und für jeden einzelnen Bundesbruder bis an die Grenze seiner physischen und psychischen Leistungsfähigkeit gehen zu wollen und sollte es für ihn persönlich noch so negative Konsequenzen zur Folge haben.
Die Jenaische Burschenschaft Germania ist eine Gemeinschaft unterschiedlichster Charaktere und Herkünfte, die mitunter schwer miteinander zu vereinbaren sind. Was se aber gemeinsam haben, ist das Ziel, einander wahre Freunde zu sein, weit über das Studium oder das gemeinsame Leben und Wirken in Jena hinaus. Dieser Freundschaft über alle Unterschiede hinweg Ausdruck zu verleihen, dient uns das akademische Fechten in besonderer Weise.